ABdomen

Je mehr es davon gibt, desto weniger wichtig werden sie – die Architekten UND ihre Gruppennamen. Und doch werden sie zu Labels, die sich, schaut man genauer hin, nicht nur in der Begriffsdefinition unterscheiden. Was also sind Abdomen?

Meine, sehr persönliche Assoziation, die ich nicht verschweigen möchte, Max Goldts Aufsatz „Intaktes Abdomen dank coolem Verhalten“ – ich weiß daher, was „Abdomen“ sind, weiß aber nicht, was andere so wissen und kläre es an dieser Stelle auf.

Nach Meyers Wörterbuch bedeutet Abdomen „Unterleib, Bauch, Hinterleib der Gliederfüßer“ und nach Max Goldt: „Dort wo andere Leute ihre vier Buchstaben haben, findet sich bei Spinnen eine unsympathische schwarze Kugel namens Abdomen, in welcher sie ihre Eingeweiden aufbewahren.“ (1)Unsympathisch sind die Architekten AB domen aber überhaupt nicht und sie haben einen weit pragmatischeren Bezug zu ihrem Namensfindungsprozess – zum Nachvollziehen: AB sind die Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen, mit „domen“ könnte man durchaus domus assoziieren und im Ganzen bedeutet dies Körper oder Bauch. AB domen sind also zwei Körper namens Almhofer und Badstuber.

Gefunden hat sich die Arbeitsgemeinschaft schon während des Studiums an der TU-Wien. Sie begannen damals in einer Werkstatt Möbel zu entwerfen und zu bauen, vorwiegend in Metall stellten sie die prototypischen Regale und Tische her. Seit 1994 gibt es sie als Architekturbüro. Einfamilienhäuser, Geschäfte oder Lokale haben sie seitdem realisiert. Ein „Wettbewerbsbüro“ sind sie nicht, sie arbeiten zu zweit und agieren zurückhaltend, aber souverän. Pragmatisch und funktionell erscheinen ihre Entwurfsansätze für Einraumgestaltungen wie für das Mini-Lokal „Gesundes“ oder der jüngst in Krems realisierten Apotheke. Das allein wird den Ergebnissen aber nicht gerecht. Jeder Raum hat etwas eigenes, wird ausgehöhlt und völlig neu orientiert. Transparenz und Offenheit sind nicht erzwungener Parameter der Entwürfe. Das oft kleinteilige Mobiliar von Restaurants, Büros oder eben der Apotheke werden in ein Raumganzes gegossen und wirken wie ein eigenes Universum im zeitgenössischen Designhimmel. Ein Grund ist sicher, die penible Ausarbeitung der Details, die keine Brüche zulässt, bis zur letzten Schraube sind die Projekte kontrolliert. Auf ihren Bildschirmen stehen eine lila Kuh und ein grüner Panther. Welches Abdomen sich dahinter verbirgt, wird sich vielleicht bei dem Vortrag am 21. Jänner herausstellen. (1) Aus: „Okay Mutter, ich nehme die Mittagsmaschine“, Max Goldt, Haffmans Verlag, Titel: Intaktes Abdomen dank coolem Verhalten, S 493

Wolfgang Badstuber
Studiert 1985-87 Medizin,
1988-1999 Architekturstudium an der TU Wien.

Harald Almhofer
Studierte zunächst Landschaftsökologie,
seit 1988 Architektur an der TU Wien,
Mitarbeit in diversen Architekturbüros.

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