”Learnings from Sweden!”
Es scheint fast so, als wäre der Innovationswille für klimagerechtes und hochwertiges Bauen ansteckend und breitet sich in Skandinavien von der aktuell lebenswertesten Stadt der Welt, Kopenhagen (Wien war das mal) bereits über den Öresund hinweg nach Malmö aus.
Konkret nach Varvsstaden, einem ehemaligen Industrie- und Hafenareal, das fast ein Jahrhundert lang nicht öffentlich zugänglich war. Dieses war geprägt von der Kockums Werft, die Kriegsschiffe produzierte. Lange von großem Leerstand gekennzeichnet, wurde von der Stadt das Potenzial des Gebiets für die Stadtentwicklung erkannt. Die Varvsstaden AB wurde gegründet, um aus der Industriebrache eine offenes, durchmischtes und lebenswertes Stadtviertel zu entwickeln - als ganzheitliches und nachhaltiges Stadtmodell. Die Erhaltung des historischen, industriellen Bauerbes wurde als wirtschaftlicher und ökologische Vorteile erkannt. Baumaterialien jener Industrieanlagen, die nicht erhalten werden konnten, wurden vor Ort sortiert, gelagert und zur Wiederverwendung in der Revitalisierung vorgeschrieben.Denn die Stadt Malmö setzt sich dafür ein, ihren historischen Gebäudebestand als identitätsstiftende Standortqualität zu würdigen um gleichzeitig eine dynamische und inklusive Zukunft in Varvsstaden zu gestalten.
195 Besucherinnen waren ins Büro von Smartvoll in die Kirchengasse gekommen, um den spannenden und charmanten Vortrag von Johan Pitura, dem Bürochef von Kjellander Sjöberg am Standort Malmö, zu verfolgen. Kjellander Sjöberg zählt zu den renommiertesten Architekturbüros für nachhaltiges Bauen und Stadtentwicklung in Schweden und wurde mit der Revitalisierung der ehemaligen Gießerei Gjuteriet beauftragt (das Projekt war auf der internationalen Longlist für die Dezeen Awards 2024 in der Kategorie ”Heritage”). Er erläuterte, dass für die Erreichung der hoch gesteckten Nachhaltigkeitsziele der Stadt Malmö das frühzeitige Festlegen auf gemeinsame Ziele im Prozess ganz wesentlich war. Zur Minimierung des Ressourcenverbrauchs beim Bauen wurde auf die Wiederverwendung recyclierter Materialien gesetzt. Das war zwar etwas teurer und erforderte mehr Zeitaufwand im Vorlauf, sowie eine interdisziplinäre, sogar grenzüberschreitende Zusammenarbeit, wurde aber bewußt einkalkuliert, weil durch dieses Projekt die Standortgunst des gesamten Umfeldes gehoben werden konnte.
Johan Pituras Vortrag “Reimagining industrial heritage!” veranschaulichte, wie parallel zur Erhaltung und Sanierung identitätsstiftender Bestandsbauten durch die Ergänzung von modernen Raumelementen, die in Form vorfabrizierter Holzmodule am ehemaligen Laufkran der Werfthalle aufgehängt wurden, eine innovative und gestalterisch überzeugende Bürowelt entstehen konnte, die aktuell das Headquarter des Hafermilchherstellers Oatly beherbergt.Ein hochmodernes, klimafreundliches Gebäude, das seine Geschichte weitererzählen kann.
Noch lange nach dem Vortrag wurde bei selbstgemachter Kürbissuppe, Ajvar und Eräpfelkas mit Joseph-Brot (Danke an Maria Neumüller für das tagelange Vorbereiten und Aufkochen) im büro von Smartvoll diskutiert, wie derartige Projekte und insbesondere die Haltung und die Ziele der Entwicklungsgesellschaft auch in Österreich Schule machen könnten. Nicht nur in Wien, sonder auch im Architekturvorzeigeland Vorarlberg, wo aktuell von der landeseigenen VOGEWOSI in tabula- rasa-Manier der Abrisse der Vorarlbergersiedlungen mit wirtschaftlichen Überlegungen argumentiert wird. ”The world in Vorarlberg is too small" von Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach erfäht hier neue Bedeutung. Welchen Wert hat die Geschichte unseres Gebäudebestandes? Ein Blick nach Malmö könnte Aufklärung bringen!
Was Johan Pitura von Kjellander Sjöberg sonst noch antreibt erfahrt Ihr im neue Podcast, der kurz vor Weihnachten veröffentlicht wird. Stay tuned!
Dienstag 04. November 2025, 19h
"circular transformation" - Kjellander Sjöberg, Malmö | Johan Pitura
bei Smartvoll,Kirchengasse 23, 1070 Wien

