„Vielfalt und Mut“

Jede Generation muss an ihren Erfolg glauben!

Der Andrang am 5. November zur Veranstaltung "Die Nächsten, bitte!  - wie funktioniert dieTransformation von Architekturbüros zwischen den Generatione“ sprengte fast die räumlichen Kapazitäten des LAUFEN Space in Wien. An die 185 Besucher:innen waren gekommen, Studierende, junge Mitarbeiter:innen, und ebenso Gründungspartner:innen vieler renommierter Büros. Das Thema bewegt!

Spannend war der Beitrag von Günter Mohr und Markus Niklas von mohr niklas architekten. Da stand die Zusammenarbeit zweier Partner aus unterschiedlichen Generationen im Vordergrund. Anhand sehr schöner Projekte wurde gezeigt wie sich die Erfahrung des einen mit der digitalen Kompetenz des anderen zu schönen Wettbewerbserfolgen und damit auch bei den Projekten zu einem Dimensionssprung führten. Der gemeinsame Erfolg des Ágnes-Heller-Hauses der Universität Innsbruck, bei dem die Komprimierung der Bebauung neue, urbane Freiräume entstehen ließ, ermöglichte dem Büro Budget und Referenz um das nächste Großprojekt, das Haus der Physik, ebenfalls in Innsbruck, an Land ziehen zu können. Währen Günter froh ist, sich nicht mit BIM-Modellierungen eingehender beschäftigen zu müssen, oder im Sommer mit der Familie einfach in Skandinavien mehrwöchig abtauchen zu können, freut sich Markus auf eine gut aufgestellte Infrastruktur und die Erfahrungen von Günter aufbauen zu können, ohne wieder bei Null starten zu müssen, sowie über einen Partner, der ihm auf Augenhöhe begegnet.

Gerner Gerner Plus. war eines der wenigen Architekturbüros, die sich Mitte der 1990er Jahre paritätisch mit Gerda Gerne als weibliche Partnerin und Andreas Gerner als männlicher Partner gegründet haben. Neben der Familie wurde ein erfolgreiches Büro aufgebaut, dass schon früh auch weiteren, jüngeren Kolleg:innen eine echte Partnerschaft angebotden hat. Mittlerweile haben die Gründer:innen bereits die dritte „Generation“ an Partner:innenbeteiligt und setzen auf Vielfalt und verteilte Stärken und Kompetenzen. Gemeinsam mit Matthias Bresseleers, Julia Haranza, Urška Vratarič und Oliver Gerner verfügt das Büro über drei weibliche und drei männliche Partner:innen, über drei Gerners und drei „Nicht-Gerners“, über drei Österreicher:innen und drei Nicht- Österreicher:innen – und genau diese Vielfalt und Ausgewogenheit macht den Erfolg von Gerner Gerner Plus. aus. Auch die enge Zusammenarbeit mit anderen, großen Büros, wie z.B. AllesWirdGut, querkraft, heri&salli, wie dies in Dänemark schon länger Tradition hat, brachten in den letzten Jahren eine beachtliche Erfolgsbilanz an gewonnenen Wettbewerben und erstaunlich viele gemeinsame Projekte, die auch gemeinsam realisiert werden und an denen alle Beteiligten wachsen.

Im Beitrag von LOVE architecture und urbanism wurde neben beeindruckenden Projekten der beiden Büros in Berlin und Graz sehr unterhaltsam auch auf die Unterschiede der beiden Partnergenerationen eingegangen. Unterschiedlichen Erwartungen und unterschiedliche Haltungen führen zwangsweise auch zu Meinungsverschiedenheiten, die gemeinsam gemeistert werden müssen. Während Martin Friedrich, der seit 2021 das Berliner Büro des Grazer Unternehmens leitet, sich sehr gerne über digitale Modelle Lösungen annähert, schwört Gründungspartner Mark Jenewein beispielsweise auf eine Vielzahl an Massenmodellen mit dem Styrocutter. Durch die intensive zuweilen auch emotionale Diskussion und Annährung beider Standpunkte, entwickeln sich erfolgreiche Lösungen. Das braucht aber auch Streitkultur und den Willen beider Seiten zur Auseinandersetzung ebenso, wie zur Einigung.

Und mehr Partnerschaften bedeutet auch eine Steigerung der Umsätze. Denn gerade, wenn es um den Erwerb von Anteilen an der Firma geht, will der eine für seine jahrelange Aufbauarbeit auch eine finanzielle Absicherung seines späteren (Un)ruhestandes, und der Nachfolger möchte für sein Engagement keine Einbußen im Einkommen, um parallel die Firmenbeteiligungen zu finanzieren. Klar wird da wild über unterschiedliche Bewertungsmodelle diskutiert – das liegt in der Natur der Sache. Und insbesondere in Zeiten, wo die Konjunktur schwächelt und dadurch die Auftragslage flau, wird sichtbar, dass man nicht nur Anteile am Erfolg, sondern ebenso das unternehmerische Risiko am finanziellen Misserfolg mittragen muss. Wieso sollte man das als gut bezahlter Angestellter auf sich nehmen?

In der anschließenden Diskussion berichtete Andi Gerner über die Anfänge von gerner gernerund wie neben den Kindern und dem Bürojob bei Helmut Richter nebenbei das eigene Büro mit kleinen Bauaufgaben und Wettbewerben durch Mut und Optimismus aufgebaut werden konnte. Auf die Frage, ob man seinerzeit gut ausgebildet in den Job startete, beantwortete Marc Jenewein, dass hier wohl die Risikobereitschaft größer war und die Kompetenz erst mit den Jahren wachsen konnte. Er sehen es nicht, dass heutige Absolvent:innen schlechter ausgebildet wären, als früher. Die Ausbildung ist einfach eine andere. Damals war allerdingsauch die Verrechtlichung des Baugeschehens weniger ausgeprägt wie heute. Und wenn man sich im Plan verschätzt hatte, konnte man das auf der Baustelle mit dem Professionisten immer noch irgendwie regeln. Friedrich Passler von AllesWirdGut meinte, dass jede Generation an ihren Erfolg glauben müsse. Und Susi Hasenauer von BEHF meinte, dass man sich weniger auf Quoten berufen solle, und machte den jungen Kolleginnen Mut hier als Frau selbstbewusst einfach in den Ring zu steigen, denn wer will, schaffe es auch. Es braucht also den Mut aller Beteiligter, um durch Vielfalt zum Erfolg zu kommen. Das Thema ist aber noch lange nicht ausdiskutiert – Fortsetzung folgt.

Schickt uns doch Eure Gedanken, Fragen und Anregungen zu dem Thema an architektur@inprogress.at

mohr niklas architekten, www.mohr-niklas.at
GERNER GERNER PLUS., www.gernergernerplus.com
LOVE architecture and urbanism, www.love-architecture.com

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