Wie können klimagerechte, nachhaltige Bauweisen leistbar gemacht werden?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, kamen an die 185 Besucherinnen in das schöne Atelier von LOVE im „Wilden Mann“ in Graz. Auf Einladung der Vortragsreihe architektur in progress stellten Martin Mackowitz, Mitbegründer von Lehmit sowie von ERDEN Studio aus Schlins in Vorarlberg, sowie Andreas Trummer vom Roboter Design Labor auf der TU-Graz aktuelle Ergebnisse und Projekte vor, die Lehmbau und ebenso Holz-Lehm-Hybridbauweisen aus der Baupraxis, sowie aus der Sicht des Prüflabors bzw. des Bauingenieurs näher zu beleuchten. Das Publikum hatte im Rahmen dieser interaktiven Diskussion die Möglichkeit Fragen zu stellen bzw. in die Diskussion mit einzusteigen.
Spannend war auch, welche Auswirkung das Image kreislaufgerechter Architektur in Europa auf den beginnenden Bauboom in Entwicklungsländern, insbesondere auf Afrika hat. Welche Rolle spielen dabei regionale Ressourcen wie Lehm und Holz und wie können diese zu Game-Changern einer globalen Baukultur werden? Die Diskussionsfelder gliederte Martin Mackowitz in fünf Kapitel. Lehm gehört sicherlich zu den ältesten Baumaterialien und ist weltweit verfügbar. Denkt man etwa an historische Architektur in Afrika oder im Jemen, die auch die kühlende Wirkung von Lehm nutzten bzw. nutzen oder etwa die Fachwerkshäuser aus dem europäischen Mittelalter, die nach wie vor bestehen, weil der Lehm in der Ausfachung der Holzkonstruktion die Feuchtigkeit entzieht, und so vor dem Befall der Holzwürmer schützt. Und Lehm kann rückstandslos wieder recycelt und wiederverwendet werden.
LEHM TON ERDE gehört mit Gründer Martin Rauch zu den weltweit profiliertesten Pionieren im Lehmbau. Mit Martin Mackowitz etabliert sich eine neue Generation, die nachhaltiges Bauen durch serielle Lehm- und Holz- und Lehmbausysteme interdisziplinär weiterentwickelt. In Zusammenarbeit mit Herzog & de Meuron wurde für die zukunftsweisende Büroimmobilie »Hortus« in Allschwil bei Basel eine Feldproduktion aufgebaut, in der der Aushub vor Ort zu Lehmdecken in Holzfertigteilen verarbeitet wurde. Das stellt in der klimafreundlichsten Büroimmobilie der Schweiz die notwendige Speichermasse und Feuchtigkeitsregulierung, sowie den notwendigen Brandschutz bei den Deckenelementen sicher. Daraus entstand das Unternehmen Lehmit, dass er gemeinsam mit der Holzbauspezialistin Bettina Baggenstos gründete und die mit gbd einen Bauteilkatalog mit Decken, Außenwand- und Innenwandelementen entwickelt haben, der auch Architekt:innen für serielle Bauaufgaben zur Verfügung steht.
Die Herausforderung besteht in einer kostengünstigen Produktion bzw. Automatisierung der Produktionsprozesse. Dafür müssen Maschinen und Roboter entwickelt werden, um den Lehmbau bzw. Holz-Lehm-Hybridelemente kostengünstiger und breitentauglich anbieten zu können. Zudem gibt es noch zu wenig valide Daten, weil die Erde überall etwas anders zusammengesetzt ist und somit keine einheitliche Lehmrezeptur abrufbar ist, weshalb die Standardisierung des Materials eine Herausforderung darstellt. Aktuell wurde in Schlins gemeinsam mit der TU-Graz die Belastbarkeit von Lehmbauelementen, wie beispielsweise gestampfte Deckenbogenelemente, geprüft, um daraus mehr Daten für standardisierte Berechnungen zu generieren, wie Andreas Trummer berichtete. Und auch im »Earth Hub“, dem Forschungslabor an der Universität Liechtenstein forscht und arbeitet Martin Mackowitz an der Zukunft des Lehmbaus, denn für die nächste Generation an Planerinnen soll Lehm als klimafreundliche Alternative flächendeckend zur Verfügung stehen.
Danke an unseren Host LOVE architecture and urbanism, sowie an unsere Kooperationspartner HDA, C.I.S. und die ZT-Kammer
Do. 20. November 2025, 19h
"Lehmit or leave it?" ERDEN Studio | Martin Mackowitz
bei LOVE, Jakoministraße 3-5, 8010 Graz

