Veranstaltungsrückschau

"Lichtblicke" - mit Elisabeth Oberzaucher

Elisabeth Oberzaucher konnte dem Publikum einen ganz anderen Blickwinkel auf Raumplanung, Architektur und Bauen vermitteln, und das mit viel Witz und Charme. Am Vorabend hatte sie noch als Teil der Science Busters den Publikumspreis des Österreichischen Kabarettpreis erhalten. In den Räumen von querkraft vermittelte sie uns, auf welche Arten und Weisen das Leben in der Stadt uns Menschen aus evolutionsbiologischer Sicht zu stressen vermag – und wie man durch geschickte Nutzung des erforschten Wissens über menschliches Verhalten das (Er)Leben in Ballungsräumen angenehmer gestalten kann. In ihrer Präsentation gab sie Einblicke in eigene Versuchsanordnungen, durch die sie etwa zeigen konnte, wie immens bedeutend Grün für unser Wohlbefinden und unseren Fokus ist. Kein Wunder, schlummern in uns doch immer noch die Informationen als Abkömmlinge der Savanne, die vor allem folgendes brauchen, um sich wohlzufühlen: Natur, Weitblick und Sonne. Dass ein weiter Blick nach unten, wie etwa bei einem Arbeitsplatz an der Fensterfront eines Hochhauses, jedoch vor allem Stress bedeutet, wurde auch klargestellt – und für die anwesenden ArchitektInnen als Tipp für zukünftige Planungen von Büroräumen angemerkt.

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In Bezug auf die Raumgestaltung – sowohl innen als auch außen – war es Elisabeth Oberzaucher ein großes Anliegen, das Konzept der Territorialität zu rehabilitieren. Dieses hat nicht nur das Potenzial für die Austragung von Territorialkämpfen, sondern eigentlich die praktische Funktion, unser Verhalten einander gegenüber positiv zu regulieren, Grenzen einzuhalten, aber auch Kommunikation zu ermöglichen. In diesem Sinne können geschickt gestaltete Räume, welche dieses Wissen für sich nutzen, Konflikte schon im Vorhinein umgehen und den Austausch von Menschen (seien es NachbarInnen, BürokollegInnen oder einander Unbekannte auf der Straße) zu fördern. Beispiel war hier etwa eine Frau, die sich um einen eigentlich anonymen Urban Garden am Straßenrand kümmerte, weil durch diesen ein halböffentlicher, halbprivater Raum geschaffen wurde – und dieser dafür sorgte, dass sich Fremde plötzlich zu unterhalten begannen. Dass wir überhaupt alle mehr raus an Luft und Sonne sollten, damit wurde der Vortrag dann beendet. Schließlich sind wir nur partiell für das Leben in unseren Höhlen bestimmt und sollten für die Aufnahme unseres physiologisch notwendigen Lichtspektrums unsere Innenräume häufiger verlassen, als wir denken und es tatsächlich es tun – auch, wenn diese architektonisch überzeugen.

Mit Christina Brunner von Velux war auch eine Expertin in Sachen Tageslichtplanung für ArchitektInnen vor Ort, welche die Bedeutung des natürlichen Lichteinfalls in Gebäude nochmals unterstrich und auf diesem Gebiet auch vermittelnde Arbeit – etwa im Sinne von Workshops – leistet. Danach diskutierte man noch über die Vorteile als auch Tücken des Großraumbüros, bevor das Buffet eröffnet wurde und der informelle Austausch begann. Dieser konnte auch mit Elisabeth Oberzauchers Buch „Homo urbanus“ in der Hand geführt werden, das nach dem Vortrag verfügbar war.

Elisabeth Oberzaucher (*1974) begegnet dem Thema Architektur aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel. Für die Verhaltensbiologin und Evolutionspsychologin stehen die Bedürfnisse und Verhaltenstendenzen der Menschen im Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Sie lehrt an der Universität Wien, leitet das Forschungsinstitut Urban Human und ist Vizepräsidentin der International Society for Human Ethology. Sie berät Stadtplaner, Architekten und Verkehrsunternehmen und unterstützt sie dabei, menschengerechte urbane Lebenswelten zu schaffen. Ihr 2017 bei Springer erschienenes Buch “Homo Urbanus, ein evolutionärer Blick in die Zukunft der Städte” wurde als Wissenschaftsbuch des Jahres 2018 nominiert.
Nach dem Impulsvortrag diskutieren wir mit Elisabeth Oberzaucher sowie mit dem Publikum über mögliche zukünftige Lebensweisen in der Stadt.

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